Interview

Interview 20. Juli 2024

Es ist mal wieder Zeit!

Paul ist vor Wochen nach Kanada in die Wildnis abgereist und meinte vor seinem Abflug, wir müssen unbedingt mal über das Wahlergebnis reden. Wochenlang gab es kein WLAN, aber nun musste er mal in die nächstgelegene Stadt. Da konnten wir kurz miteinander sprechen.

Frage: Bei den Wahlen zum Ortsbeirat hast du 1,3 % der Wählerstimmen bekommen. War das dein Ziel?

Mein Ziel waren 3 %. Ich bin eben ein Optimist.

Frage: Hast du irgendwas falsch gemacht?

Nein, ich bin eben keine bekannte Marke. Habe ungefähr 500 kleine Zettel verteilt und meinen mobilen Wahlkampfanhänger hin und her gezottelt. Den Anhänger brauchte ich zwischendurch immer für meine Gießkannen, ich hatte also neben dem Wahlkampf noch Anderes zu tun. Wer Bäume pflanzt, muss auch gießen, das hat einfach Priorität.

Frage: Denkst du, die Leute haben deine Botschaft verstanden?

Da bin ich mir nicht sicher. Meine Botschaft hat keine besondere intellektuelle Leistung beansprucht. Klima und Krieg sind noch immer weit weg, Berlin oder Brüssel, dort wird das Klima und der Krieg gemacht. Mancher wird auch gedacht haben, der pflanzt seine Bäume sowieso, dafür muss ich ihn nicht wählen.

Frage: Das hört sich nicht gerade nach professioneller Wahlanalyse an. Willst du das nicht ein wenig nacharbeiten?

Nein.

Frage: Das fühlt sich so, wie bockig an. Da musst du noch mal ran!

Nochmal nein. Ich werde nicht aus dem Kaffeesatz herauslesen, was da nicht drin ist. Meine Botschaft war klar, die Wähler haben mitgeteilt, dass ich sie nicht vertreten soll. Das ist schon alles.

Frage: Was wirst du jetzt tun?

Ein wenig Urlaub inmitten der mecklenburgischen Natur und dann endlich meine Internetseite neu ordnen. Und im Herbst werden Bäume gepflanzt.

Interview 1. September 2023

Paul ist wieder in den hohen Norden abgereist. Vor der Abreise wollte er unbedingt noch ein Interview mit mir machen.

Frage: Du lebst noch immer auf deiner Baustelle?

Ja, habe mich eingelebt. Einerseits. Andererseits habe ich so viele Bäume gepflanzt, wie ich mit meinen bescheidenen Mitteln pflegen kann. Ich hatte auch Gespräche mit dem Eigentümer einer ziemlich großen Brache. Dort wäre Platz für Bäume, doch der Bursche kneift und kommt mit fadenscheinigen Ausflüchten um die Ecke. Ansonsten habe ich das Gemeindeparlament mit einer Vielzahl von Anträgen und Kurzvorträgen im Bereich Naturschutz traktiert. Ich lebe also nicht nur auf meiner Baustelle.

Frage: Das habe ich in deinen aktuellen Beiträgen gelesen und in eurer „MOZ“ gab es auch schon mehrere Artikel. Hatten die Petitionen Erfolg?

Ist nicht meine „MOZ“ und der Erfolg hält sich in Grenzen. Als Erfolg verbuche ich, dass sich zwei Einwohner regelmäßig in den Sitzungen der Gemeindevertretung zu Wort melden und sich konsequent für den Schutz der Natur einsetzen. Das Thema kommt also mit unterschiedlichen Anliegen auf die Tagesordnung. Ansonsten erklären die Vertreter der Verwaltung regelmäßig, aus welchen Gründen vorgeschlagene Lösungen nicht umsetzbar sind. Die Gemeindevertreter lehnen dann  ohne besondere Anstrengung die  Vorschläge ab.

Frage: Was denn, gar keine Unterstützung?

Mal sporadisch einzelne Unterstützer, keine Mehrheiten. Die Verwaltung gibt vor, wo‘s lang geht. Nur einmal, jetzt im Juli, gab es eine Mehrheit dafür, die Mahd an Wegen auf die Breite von 1,00 m zu begrenzen. Um Lebensraum für Pflanzen und Tiere zu erhalten. Dieser Beschluss war ein Erfolg! Praktisch hat das keine Auswirkungen, weil in der letzten Augustwoche wieder mit voller Arbeitsbreite – also mehr als 2,00 m gemäht wurden. Doch nicht mehr Lebensraum.

Frage: Und bleibt es jetzt dabei?

Nein, natürlich nicht.

Frage: Und sag mal, keine Unterstützung von denen, die die Farbe der Hoffnung in Ihrem Namen tragen oder von denen, die sich für soziale Gerechtigkeit einsetzen?

Die Einen träumen in einer Art von Dornröschenschlaf von blühenden Wiesen, stecken Blumenzwiebeln und säen Blumen. Die für soziale Gerechtigkeit Zuständigen haben noch nicht verstanden, dass der ständige Flächenfraß zugunsten von weniger als 10% der Bevölkerung Ausdruck eklatantester sozialer Ungerechtigkeit ist.

Frage: Das heißt, die Gemeinde setzt auf weitere Bebauung?

Ja, angetrieben durch den Traum vom ewigen Wachstum. Mit Blick aus dem Rathaus erscheint die Erdoberfläche unbegrenzt. Es gibt auch Zwänge. Kindergärten und Schulen werden auf Zuwachs gebaut und um dauerhaft eine Auslastung zu sichern, müssen neue Wohngebiete für hoffentlich Eltern mit Kindern gebaut werden. Und wenn die Kosten in der Verwaltung steigen, können diese wiederum nur durch erhöhte Einnahmen, das heißt letztlich durch Ansiedlung neuer Einwohner gedeckt werden. Na ja, und immer so weiter. Und dann noch die Sache mit der Sparsamkeit, immer nur große Zahlen.

Frage: Du hast das verstanden, Kapitalismus setzt Wachstum voraus? Kapitalismus ohne Wachstum wird es nicht geben. Oder anders herum, wenn Wachstum nicht mehr möglich ist, wird es auch keinen Kapitalismus mehr geben. Und natürlich gibt es Konzepte für ein „Danach“. Nur, wie kommt man in den Modus, dass nur noch verbraucht werden kann, was nachwächst? Und das Ganze gerecht verteilt.

Ich stelle mir vor, wie das wäre, wenn in den USA damit begonnen werden würde, die Staatsverschuldung nach einem seriösen Plan abzubauen, das wäre doch das Ende des Wachstums?

Frage: Ist theoretisch und praktisch nicht vorstellbar, eher geht die Sonne im Westen auf oder vielleicht im Süden. Das Zeitalter des unbegrenzten Wachstums zu überwinden wird nicht so leicht werden.

Ja, ja, ich habe auch nicht gedacht, dass sich der Drache mit einem einzigen Schwertstreich töten lässt.

Frage: Brauchst du Hilfe? Schreib mir einfach.

Mache ich. Werd‘s wohl nötig haben.

Interview 4.Juni 2021

Paul meinte kürzlich, wir müssten mal wieder ein Interview machen. Hier ist es:

„Deine Internetseite „baumundklima“ ist jetzt ein Jahr online, wie ist die Bilanz?“

„Durchwachsen bis ernüchternd.“

„Damit kann niemand was anfangen, geht es etwas konkreter? Wer interessiert sich für deine Seite? Gibt es Austausch? Was sind die praktischen Konsequenzen, wo stehen deine Bäume?“

„Das ist alles nicht so einfach. Wo meine Bäume stehen, will ich hier nicht ausbreiten. Wieviel Zeit vergehen wird, bis mit Zustimmung der Obrigkeit der erste Baum gepflanzt werden kann, lässt sich  nicht abschätzen. Über die ersten Vorschläge aus August und September des vergangenen Jahres hat die Gemeindeverwaltung trotz regelmäßiger Erinnerung bis heute noch nicht entschieden. Das kann noch Monate, wenn nicht Jahre dauern. Ansonsten habe ich bisher nur eine Zuschrift aus China bekommen: Das Interesse hält sich in Grenzen.“

„Natürlich, die anderen sind schuld. Ist dir auch aufgefallen, dass auf deiner Internetseite nicht allzu viel passiert? In einigen Schubladen sieht es noch ziemlich kahl aus.“

„Ich wollte im Internet auch nicht ständig Schaum schlagen sondern lieber Bäume pflanzen und andere Menschen für diese Idee gewinnen. Außerdem komme ich mit dem Programm nicht klar und der Internetkram frisst so viel Zeit.“

„Dann solltest du mal prüfen, ob du das Thema mit der erforderlichen Priorität bearbeitest. Es gibt in diesem Jahrzehnt nur eine Aufgabe mit der Nr. Eins. Und wie willst du eigentlich andere Menschen für diese Aufgabe gewinnen?“

„Hm, vielleicht hilft nur ein fetter Skandal oder tägliche Demos? Aber wer soll da kommen? Ich weiß auch nicht, muss das noch mal durchdenken.“

„Sag Bescheid, wenn du fertig bist, aber denke nicht zu lange. Und sage, wenn du Hilfe brauchst.

Bis dahin will ich deine Aufmerksamkeit mal auf ein anderes Thema lenken, das zur Erhaltung der Lebensbedingungen auf unserem Planeten dazugehört. Ihr wollt doch da in Eiche so eine neue Stadt bauen, die „Gartenstadt“.  Die Natur hat die Baufläche in den letzten 30 Jahren zumindest teilweise zurückerobert. Wie sieht die Lage nun beispielsweise für die Zauneidechse aus, wenn der Bagger anrollt?

Die Ansprüche, die eine Zauneidechse an ihren Lebensraum hat, sind vielfältig und keinesfalls einfach zu erfüllen. Sie benötigt verschiedene Plätze – zum Sonnen, für die Eiablage, zur Überwinterung und zum Verstecken vor Fressfeinden.

 Eidechsen sind wechselwarme Tiere, das heißt, ihre Körpertemperatur kann nicht selbst reguliert werden, sondern passt sich der Umgebung an. Um auf die Jagd nach kleinen Spinnen, Insekten und Würmern zu gehen, benötigt sie aber eine “Betriebstemperatur”. Diese erreicht sie, indem sie vorher ein ausgiebiges Sonnenbad nimmt. Hierfür eignen sich Mauern, Steinhaufen oder auch Totholz, das allerdings nicht überschattet werden darf von größeren Pflanzen. Für die Eiablage benötigt sie sonnenexponierte Flächen mit leicht grabbarem Substrat, z.B. Sandhänge.

 Da der Aktionsradius eines Tieres sich auf 30 m beschränkt, müssen diese verschiedenen Strukturen auf einer kleinen Fläche alle zwingend vorhanden sein, damit Zauneidechsen überleben und sich fortpflanzen können. In unserer heutigen Kulturlandschaft, die durch Bebauung und von monokultureller landwirtschaftlicher Nutzung geprägt ist, sind diese Flächen rar gesät. Die meisten Teilpopulationen leben wie auf Inseln zwischen den großen unüberquerbaren Siedlungsgebieten, Feldern und Straßen isoliert voneinander. Jungtiere können nicht abwandern und der genetische Austausch fehlt. Diese ungünstigen Bedingungen haben dazu geführt, dass die Zauneidechse in Brandenburg auf der Roten Liste als gefährdet eingestuft ist und nach Anhang IV der Fauna -/Flora- Habitat- Richtlinie geschützt wird.

Weißt du, wieviel Tierarten auf so einer Baufläche leben? Wo sollen sie denn hin, wenn der Bagger kommt und wer soll sich darum kümmern? Wann wollen wir denn anfangen, unsere Natur zu schützen? Ich meine unsere Natur hier, nicht die auf Feuerland!“

„Danke, du hast mir den Kopf jetzt gerade gerückt, lass uns einfach arbeiten und dann mal wieder ein Interview machen!“

Interview 1. Juni 2020

Ich bin Paul und habe den Betreiber dieser Internetseite gebeten, sein Anliegen mal näher zu erläutern. Hier ist nun das kurze Interview:

 Baum und Klima in einem Wort, steckt da etwas dahinter?“

Antwort: Es gibt quasi keinen Begriff, der uns den lebenswichtigen Zusammenhang von Vegetation und Klima vermittelt. Gäbe es in unserer Sprache einen solchen Begriff, hätten alle auf den Schutz unserer natürlichen Umwelt gerichteten Überlegungen einen festen Anknüpfungspunkt. Begriffe wie Freiheit, Demokratie oder soziale Marktwirtschaft helfen hier nicht weiter. Folglich gibt es seit Jahrzehnten überwiegend Ignoranz und Widerstand bezogen auf ein notwendiges, ganz natürliches Verhalten.

Frage: Kannst du es mal etwas verständlicher ausdrücken?

Antwort: Da ist nichts unverständlich. Also: Die Natur hat in einem Millionen Jahre dauernden Prozess Bedingungen geschaffen, die unser Leben möglich machen. Zu diesen Bedingungen gehört das Gleichgewicht zwischen Freisetzung von Kohlenstoffdioxid und dessen Aufnahme durch die Vegetation. Solange die Mengen auf beiden Seiten der Waage gleich bleiben, scheidet Kohlenstoffdioxid als Ursache für die Klimaerwärmung aus. Ist ganz einfach. Das Gleichgewicht gibt es nicht mehr. Die Menschheit ist als Erzeuger für Kohlenstoffdioxid dem natürlichen Geschehen hinzu getreten.

Frage: Was schlägst du vor?

Antwort: Naja, der Zug ist schon vor mehr als 100 Jahren abgefahren. Bevor die Menschheit in das industrielle Zeitalter eintreten wollte, hätten kluge Menschen berechnen müssen, wie viel Kohlenstoffdioxid zukünftig in die Atmosphäre der Erde entsorgt werden sollen und wie viele Bäume nötig sind, um diese Menge wieder aus der Atmosphäre zu entnehmen. Dann hätten die Bäume erst gepflanzt und großgezogen werden müssen und erst danach hätten zusätzliche Mengen Kohlenstoffdioxid in die Atmosphäre entsorgt werden können.

Frage: Hätte, hätte, Fahrradkette. Hört sich irgendwie schräg an. Woher sollten die Menschen vor mehr als 100 Jahren all das Wissen, was die Wissenschaft erst heute herausgefunden hat?

Antwort: Ja doch, die Menschen wussten es nicht besser. Und in der heiligen Schrift stand dazu auch nichts. Das Wissen von heute hat das Verhalten der Menschheit nicht verändert. Wir entsorgen täglich riesige Mengen Kohlenstoffdioxid in die Atmosphäre. Statt Bäume zu pflanzen, wird der Baumbestand unseres Planeten jeden Tag auf allen Kontinenten verringert und es gibt scheinbar keine Macht, die diesen Prozess anhält und umkehrt.

Frage: Wissen verändert also das Verhalten der Menschen nicht und Macht ist darauf gerichtet, Veränderungen zu unterbinden. 

Antwort: Ja, so ist es. Unser Kapitalismus besteht nur so lange, wie wirtschaftliches Wachstum anhält. Die Menschen werden bereits seit frühester Kindheit so konfiguriert, dass sie ohne nachzudenken ihr Leben lang diesem Ziel dienen. Freiheit wird über grenzenlosen Konsum verwirklicht.

Frage: Hört sich sehr pessimistisch an. Und wenn du nun einfach anfängst, Bäume zu pflanzen?

Antwort: Mache ich ja! Auch wenn ich allein das Gleichgewicht im Kohlenstoffdioxid-Kreislauf nicht wiederherstellen kann.

Frage: Du hast aber schon mitbekommen, dass es weltweit viele Initiativen gibt, die deinem Anliegen sehr nahe kommen?

Antwort: Ja doch, ich fühle mich nicht allein. Ich habe hier keine Neuigkeiten verkündet. Du hast mich gefragt und ich sage, was ich denke.