Mein Freund Horst schreibt an den Bürgermeister

Neulich hat mich mein alter Freund Horst besucht. Er zeigte mir eine Durchschrift seines Briefes an den Bürgermeister.

„Und“ fragte ich, “was hat er dir geantwortet?“

„Nee, bis jetzt nüscht, war ja erst vor zehn Tagen.“

„Meinst du, er hat beim Regieren Zeit, sich mit solchem Käsekram zu beschäftigen?“

„Ist kein Käsekram, ist mir absolut ernst.“

„Weiß ich doch“, sagte ich, “wenn du willst, lege ich deinen Brief in meine aktuellen Beiträge.“

„Genau darum wollte ich dich bitten.“

Hier ist der Brief:

Gemeinde Ahrensfelde

An den Bürgermeister

26. Januar 2022

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

die Natur braucht Verbündete.

Ich möchte heute auf die Diskussion in der Ortsbeirats- Sitzung zu Tagesordnungspunkt 8.) zurückkommen. Ich war in erster Linie Zuhörer und hatte in dieser Eigenschaft auch nicht die Möglichkeit, etwas auf  Beiträge in der Diskussion zu erwidern. Es muss auch nicht auf alles eine Erwiderung geben. Dennoch beschäftigen mich heute noch Ihre Ausführungen zur wirtschaftlichen Lage der Landwirtschaftsbetriebe in der Gemeinde. Ich will kurz wiedergeben, worauf ich mich nachfolgend beziehe und gehe auch davon aus, dass ich Ihre Worte richtig verstanden habe.

Sie sagten sinngemäß, dass die wirtschaftliche Lage der Landwirtschaftsbetriebe im Gemeindegebiet  schwierig ist. Die Bodenflächen sind nicht besonders fruchtbar, die Ackerflächen sind mit niedrigen Ackerzahlen  bewertet  und es können keine hohen Erträge erzielt werden.  Da müsste man schon ordentlich Chemie auf den Acker werfen, damit überhaupt etwas wächst und ein vertretbares wirtschaftliches Ergebnis erreicht werden kann. Vor diesem Hintergrund müsse man letztlich auch akzeptieren, dass Landwirte Ackerflächen mit geringem wirtschaftlichen Wert der Bebauung zur Verfügung stellen, um auf diese Weise ihre wirtschaftliche Existenz abzusichern. Ich will diesen Gedanken wie folgt fortführen:

Es gibt im Gemeindegebiet Ackerflächen, die wegen ihres geringen wirtschaftlichen Wertes aus der landwirtschaftlichen Nutzung ausgegliedert und in dem vorgesehenen Ausmaß in einem angemessenen Tempo einer Bebauung zur Weiterentwicklung der Gemeinde zugeführt werden können.

Ich will versuchen, solchen Überlegungen eigene Beobachtungen  gegenüber zu stellen. Gleichzeitig räume ich ein, dass ich kein Landwirt bin.

Auf dem nordöstlichen Teil des heutigen Kaufpark Eiche und weiter Richtung Norden zwischen dem heutigen Garagenkomplex und Am Luch wurden bis 1989 auf Feldflächen Gemüse, u.a. Möhren, Rote Beete, Porree  angebaut. Ich habe diese Feldflächen bei Spaziergängen über das Land gerne betrachtet und war auch beeindruckt von den sichtbaren Erträgen. Dort, wo sich heute der Kaufpark Eiche befindet, wird nie wieder Gemüse wachsen. Auch in den neunziger Jahren konnte man im Gemeindegebiet noch den Anbau von Futterrüben, Gerste und anderer Feldfrüchte beobachten und es waren noch  Fruchtfolgen erkennbar. Seit circa 20 Jahren wird im Gemeindegebiet im Wesentlichen  Raps angebaut. Weitere Feldfrüchte sind nicht zu sehen. Die Landwirtschaft ist zur Monokultur übergegangen.

In Vorpommern habe ich über mehrere Jahre hinweg die Tätigkeit zweier kleiner Landwirtschaftsbetriebe beobachten können. Die Feldflächen liegen im Bereich der Endmoräne.

Es ist Ackerland, wo ebenfalls „nichts wächst“. Der eine dieser Betriebe legte 2019  auf mehreren Hektar  Land „Blühflächen“  an. Diese Flächen wurden  Anfang April geeggt und anschließend das Saatgut ausgebracht. In den Monaten April bis Juni waren die Niederschläge  gering. Das Ergebnis: im Juli konnte man bei genauer Besichtigung einige wenige Sonnenblumen bis zu 40 cm Höhe beobachten und einige Pflanzen Buchweizen. Dominierend waren auf den Flächen wie jedes Jahr Ackerschachtelhalm, Disteln, Quecke, Beifuß und weiter tief wurzelnde Kräuter. Durch den benachbarten Landwirtschaftsbetrieb wurden relativ kleine Flächen gleicher  Qualität bewirtschaftet. Der Boden wurde im Spätherbst 2018  gepflügt und nach Bodenanalyse eine geringfügige Anpassung des pH-Wertes vorgenommen. Im Frühjahr folgte eine behutsame Düngung mit Kalium und die Kartoffeln wurden gelegt. Wie schon erwähnt, waren die Niederschläge im Zeitraum April bis Juni gering. Deshalb wurde ergänzend mittels einer Hangbewässerung Wasser zugeführt. Die Kartoffeln haben sich gegen die Ackerkräuter durchgesetzt. Natürlich waren die lästigen Kräuter nicht vollständig beseitigt. Die  Ernte war nach Angaben des Landwirts zufriedenstellend. Für 2020 sollte in den Boden ergänzend Humus eingebracht werden, um die Luftdurchlässigkeit und die Fähigkeit zur Speicherung von Wasser zu verbessern.

Ebenfalls im Jahr 2020 habe ich  im Norden Brandenburgs einen Landwirtschaftsbetrieb aufgesucht, der sehr erfolgreich auf Feldflächen unter anderem Kürbis anbaut. Die sichtbaren Erträge haben mich beeindruckt und auf meine Frage, ob die Pflanzen durch zusätzliche Bewässerung unterstützt wurden, erhielt ich die Antwort: Nein, es hat hier eben so viel oder ebenso wenig geregnet wie in den nördlichen Regionen Brandenburgs bzw. den südlichen Regionen Vorpommerns.

Was ist der tiefere Sinn meiner Ausführungen?

Ich werde mir nicht anmaßen, einem Landwirt zu erklären, wie eine Ackerfläche zu bewirtschaften ist, damit der Landwirt von dem Ergebnis seiner Wirtschaft leben kann.

Eines weiß ich jedoch, es gibt keine Ackerflächen, auf denen nichts wächst. Selbstverständlich muss der Landwirt den Aufwand in seine Ackerflächen investieren, dessen es bedarf, das gewünschte Ergebnis zu erreichen. Selbst gute Böden werden bei der Art der Bewirtschaftung, wie wir sie in unserer Umgebung beobachten können, in „unfruchtbares Land“  verwandelt. Die monokulturelle Landwirtschaft hat auch zur Folge, dass die Schädlinge, welche auf die jeweiligen Pflanzenarten spezialisiert sind, immer in der Nähe sein werden und nur darauf warten, dass ihre Lieblingspflanze angebaut wird. Das wiederum zwingt den Landwirt, mit großem Aufwand regelmäßig für die Vernichtung des Schädlings zu sorgen mit allen weiteren bekannten Folgen.

Ein schonender Umgang mit den uns zur Verfügung stehenden natürlichen Ressourcen lässt sich leider nicht innerhalb der derzeit herrschenden Fördermittelkreisläufe erreichen.

Ich fände  es gut, wenn Sie Ihre Position überdenken würden.

Landwirtschaft ist in unserem Gemeindegebiet im Wesentlichen nicht darauf gerichtet, einen Beitrag zur Erzeugung von Nahrungs- oder Futtermitteln zu leisten. Folge der jetzt vorherrschenden Form der Bewirtschaftung ist eine immer stärkere Belastung von Boden und Grundwasser, die Vernichtung von Insekten und die Verdrängung der Tierwelt. Wenn Ackerflächen für eine landwirtschaftliche Verwertung nicht geeignet erscheinen, sollten sie der Rückführung in unsere natürliche Umwelt zur Verfügung gestellt werden. Dadurch könnte der angerichtete Schaden langfristig wieder gut gemacht werden.

Bebauung setzt die Vernichtung unserer natürlichen Umwelt nur fort.

Mit freundlichen Grüßen