Tagesordnungspunkt 9

Im Ortsteilzentrum Ahrensfelde wird am Montag – nach Umstellung auf die Sommerzeit – genau nach einem Jahr erneut das Thema Gestaltung des Rathausplatzes aufgerufen. Die für die Zuschauer bereitgestellten Stühle sind alle besetzt.

Der Ortsvorsteher erläutert kurz das alternativlose Nutzungskonzept des Rathausplatzes. Dieser sei, so wie er gestaltet wurde, nicht besonders schön, würde aber genau so gebraucht als Parkplatz für Seniorenveranstaltungen, für den Weihnachtsmarkt, für Großveranstaltungen, für das „Mammamobil“ und die Feuerwehr.

Als Erster erhielt ein junger Mann, so um die zwanzig, aus der vorderen Zuschauerreihe das Wort.

Er bedankte sich und sprach absolut ruhig und sachlich darüber, dass auch wir in Ahrensfelde bei der Nutzung der Gemeindeflächen zu anderen Lösungen finden müssen, deren Notwendigkeit dem Einzelnen häufig gar nicht bewusst ist. Alte Muster dominieren: Die Räume im Rathaus heizen sich im Sommer auf  – wir bauen einfach eine Klimaanlage ein, der Strom kommt aus der Steckdose: oder, es regnet lange nicht- wir drehen den Wasserhahn auf und gießen unseren Rasen. Ein wenig provokant fügt er mit Blick auf die Mitglieder des Ortsbeirates hinzu, dass es seine Generation  sei, die am längsten von den Klimaveränderungen und deren Folgen betroffen sei.

Unruhe entsteht bei den Ortsbeiräten und einigen Zuschauern.

Dann fährt der junge Mann fort, dass wir Lösungen finden müssen, wie das Wasser, das wir aus dem Boden entnehmen, dort wieder hineinkommt und das CO2, das wir in die Atmosphäre entsorgen, dort wieder herauskommt. Jeder Autofahrer weiß: wenn der Tank leer ist, muss Benzin nachgefüllt werden. Wasser kommt aus dem Wasserhahn. Aber das Grundwasser ist begrenzt.

Wenn im Raum die Konzentration an CO2  zu hoch wird, lüften wir. Die Atmosphäre können wir jedoch nicht lüften.

 Der Ortsvorsteher unterbricht den jungen Mann. Das wissen hier alle im Raum, das sei nichts Neues und derartige Ausführungen würden auch viel zu weit führen. Das sei jetzt genug und im Übrigen: wenn der Einreicher der Petition vor einem Jahr in die Sitzung des Ortsbeirates gekommen wäre, als das Thema schon einmal auf der Tagesordnung stand, hätte die Sache lange erledigt sein können.

Der junge Mann wartet geduldig das Ende der Ausführungen des Ortsvorstehers ab und bittet, nun fortfahren zu dürfen.

Praktisch ginge es ihm darum, Bäume auf dem Rathausplatz zu pflanzen, damit dieser sich nicht im Sommer so unerträglich aufheizt.  Das Wasser zum Gießen könne man aus der Dachentwässerung von Ortsteilzentrum und Rathaus in einem Teich speichern. Die Bäume würden dann auch das Aufheizen des Rathauses durch ihren Schatten reduzieren.

Der Rathausplatz müsse nicht als Parkplatz genutzt werden, an den Rathausbereich angrenzend stehen insgesamt 80 Parkplätze zur Verfügung. Es sei auch nicht angemessen, den Rathausplatz ein ganzes Jahr dafür freizuhalten, dass an drei Tagen der Weihnachtsmarkt durchgeführt werden kann.

Zwei Zollstöcke werden ausgeklappt, um das Verhältnis von 3 Tagen zu 362 Tagen anschaulich zu machen.

Der Ortsvorsteher ergreift das Wort. Gleichzeitig gibt es viele Wortmeldungen bei  Zuschauern und Ortsbeiräten. Der Ortsvorsteher stellt nochmals den Zusammenhang von Gestaltung und Nutzungskonzept des Rathausplatzes dar. Dann erhält aus dem Zuschauerbereich die Koordinatorin für Seniorenarbeit das Wort. Sie ist empört. Der junge Mann wisse überhaupt nicht, welche Bedeutung die Arbeit mit Senioren in der Gemeinde habe, mehr als 4000 Senioren lebten in der Gemeinde, von denen mehr als 1000 an Veranstaltungen in Ahrensfelde teilnehmen. Alle haben lange genug unter Corona gelitten und brauchen dringend die Möglichkeit, an Veranstaltungen teilzunehmen. Das  könne jetzt nicht einfach kaputt gemacht werden.

Dann erhält eine Ortsbeirätin, ebenfalls Koordinatorin für Seniorenarbeit, das Wort. Auch sie ist empört. Der junge Mann wisse gar nicht, wie viel Arbeit in der Vorbereitung und Durchführung von Veranstaltungen für Senioren stecke.  Es seien 45 Veranstaltungen im Jahr mit durchschnittlich 60, manchmal sogar 100 Teilnehmern. Um teilnehmen zu können, müssen die Senioren die Möglichkeit haben, auf dem Rathausplatz zu parken, viele kommen auch als Fahrgemeinschaften oder mit dem Rollator.

Hier prallen offensichtlich die Interessen von Generationen aufeinander, sie werde jedoch alles daran setzen, dass die Seniorenarbeit nicht zerstört wird.

Der Ortsvorsteher beschwichtigt, er sehe hier in erster Linie keinen Generationenkonflikt, es  müsse ein Ausgleich hergestellt werden. Auch habe man schon vor einem Jahr beschlossen, ein Ingenieurbüro zu beauftragen, einen Vorschlag für die Gestaltung zu erarbeiten, der alle Bedürfnisse zur Nutzung des Platzes berücksichtigt.

Dann erhält wieder eine Ortsbeirätin das Wort. Sie sei Mutter von vier Kindern und Oma eines Enkels, sie interessiere sich sehr wohl für die Belange der Zukunft. Sie hätte jedoch noch immer nicht verstanden, aus welchen Motiven heraus der junge Mann nun den Rathausplatz von Ahrensfelde auf  den Kopf stellen will. Möglicherweise musste ein Thema für eine Diplomarbeit im Rahmen des Studiums gefunden werden  und  ginge es etwa nur darum, das Ergebnis der Arbeit durchzusetzen?

Der junge Mann erhält noch einmal das Wort für eine Erwiderung und er erinnert daran, dass sein Vorschlag aus dem Jahr 2020 dadurch veranlasst war, dass wegen der hohen Temperaturen in den Räumen des Rathauses während der Sommerzeit eine Klimaanlage eingebaut werden solle. Sein Alternativvorschlag zielte darauf ab, durch Pflanzung von Bäumen die Sonneneinstrahlung auf die Rathausfassade und die Aufheizung des Rathausplatzes zu verringern. Und wenn  der Einbau einer Klimaanlage nun schon beschlossen sei, müsste der erforderliche Strom dann durch PV-Anlagen erzeugt werden, weil das Erfordernis zur Kühlung und die Möglichkeit zur Stromerzeugung gleichzeitig bestehen.

Dann erhält wieder ein Zuschauer das Wort. Er wirkt ziemlich wütend und hält seinen Vorrednerinnen entgegen, dass sie nicht einmal gelesen haben, was von dem jungen Mann vorgeschlagen wurde. Es gäbe hier keinen Generationenkonflikt und niemand wolle die Arbeit mit Senioren behindern oder abschaffen. Wenn also zu den Veranstaltungen durchschnittlich 60 Personen kommen, sollten 80 vorhandene Parkplätze im Randbereich des Rathausplatzes und des Ortsteilzentrums ausreichend sein.

Im Übrigen sei es auch nicht hilfreich, weitere 30 Jahre abzuwarten, wenn man bedenkt, wieviel Zeit ein Baum für sein Wachstum braucht

Anschließend spricht die Vertreterin einer Bürgerinitiative darüber, wie schade es ist, dass der Ahrensfelder Rathausplatz niemanden zum Verweilen einlädt, weil er kahl und öd ist. Es gäbe so viele Orte, auf deren Plätzen sich Menschen gern aufhalten und wohl fühlen. Dies auch für Ahrensfelde zu erreichen, sei ihr Ziel. Es gehe nicht darum, gegeneinander zu arbeiten, sondern etwas zu erreichen, was allen nützt.

Es folgen weitere Wortmeldungen. Ein Ortsbeirat spricht darüber, dass er mit seinem Kind häufig den Spielplatz am Rathausplatz nutzt. Im Sommer sei das aber nicht mehr möglich, weil sich auch der Spielplatz unerträglich aufheizt.

Der Vertreter der Verwaltung erklärt, dass bereits Geld in den Haushalt eingestellt worden sei für die Erarbeitung eines Gestaltungsvorschlages durch ein Ingenieurbüro. Nach Ausschreibung könne ein Auftrag ausgelöst werden.

Die junge Frau, die zum Schluss spricht, stellt sich als Enkelin einer allseits bekannten Einwohnerin von Ahrensfelde vor. Sie setzt sich dafür ein, im Ergebnis einer Untersuchung Gestaltungsmöglichkeiten zu erarbeiten, die alle Nutzungsinteressen berücksichtigen und gleichzeitig Natur stärker als Gestaltungsmittel in den Vordergrund rücken.

Fazit:

Der Ortsbeirat wird sich bemühen, ein Ingenieurbüro mit der Erarbeitung eines Gestaltungsvorschlages für den Rathausplatz zu beauftragen.

Anmerkung:

In der Ortsbeiratssitzung vom 22.03.2021 zu Tagesordnungspunkt 8 wurde mit 6 Ja-Stimmen und einer Enthaltung beschlossen, ein Planungsbüro mit der Erarbeitung eines Gestaltungsvorschlages für den Rathausplatz zu beauftragen. Hierzu sollten Funktionsbereiche und Nutzungsprioritäten vorgegeben werden. Seither ist ein Jahr vergangen.